Vermeintlicher Vorteil des Durchschnittskosten-Effekt

Ansicht vom Wasser auf deutsche Herrnbrücke in Frankfurt

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Der Cost-Average-Effekt – deutsch: Durchschnittskosten-Effekt – wird vielfach als Vorteil von Aktien- oder Fondsparplänen gepriesen. Der Anleger soll damit bei schwankenden Kursen im Zeitablauf besser fahren als bei Einmalanlagen. Doch stimmt das wirklich? Und woran liegt es, wenn ein Aktien- oder Fondssparplan doch schlechter abschneidet? Damit wollen wir uns befassen.

Interessant sind dabei statistische Auswertungen des US-Finanzanalyse-Hauses Morningstar. Es hat umfangreiche und über lange Zeiträume reichende Untersuchungen zur Performance von Sparplänen im Vergleich zu Einmalanlagen durchgeführt. Die Zahlen liefern eine fundierte, empirisch belegte Aussage zum Erfolg des Cost-Averaging.

Wie für das Cost-Averaging argumentiert wird

Bevor wir darauf näher eingehen, noch mal die Argumentation der Cost-Averaging-Befürworter zur Erinnerung. Sie lautet in etwa so: beim systematischen Sparen in gleichbleibenden Raten profitiert der Anleger im Vergleich zur Einmalanlage. Der Grund: in Zeiten hoher Kurse werden automatisch weniger Aktien gekauft als in Niedrigkursphasen. Das führt zwangsläufig dazu, dass „billig“ eingekaufte Aktien im Bestand überproportional vertreten und „teure“ unterrepräsentiert sind, was sich positiv auf das Ergebnis auswirkt. Bei Einmalanlagen kommt es dagegen auf den „richtigen“ Zeitpunkt an. Steigt man günstig ein, ist eine bessere Performance möglich als mit einem Sparplan, beim Aktienkauf in Hochkursphasen ist das Gegenteil der Fall. Das Problem ist: niemand kennt den richtigen Zeitpunkt. Das Einmalinvestment erscheint zumindest riskanter. Das Kalkül kann aufgehen, muss es aber nicht.

Untersuchung für den Zeitraum 1926 bis 2019

Die Cost-Averaging-Argumentation klingt auf den ersten Blick plausibel. Doch was sagen die Morningstar-Zahlen? Morningstar legt seiner Analyse Daten des US-Aktienmarktes zugrunde, weil hier die längsten Zeitreihen ohne statistische Brüche existieren. Verwendet wurden Performance-Zahlen in der Zeitspanne von Januar 1926 bis August 2019 – also über einen Zeitraum von über 90 Jahren. Dabei wurden Ergebnisse für Anlagedauern von zwei Monaten bis 120 Monaten ermittelt – jeweils für Sparpläne und Einmalanlagen. Dies geschah rollierend: es wurden jeweils alle denkbaren Anlagezeiträume mit gleicher Anlagedauer in der Zeitspanne 1926 bis 2019 untersucht.

Für die Anlagedauer 10 Monate allein ergeben sich danach 1.115 Konstellationen. Geht man von Sparplänen bzw. Einmalanlagen mit dieser Dauer aus, zeigt sich ein klares Bild: In 72,2 Prozent der Fälle schnitten Einmalanlagen besser ab als Sparpläne. Bei längeren Anlagedauern fiel das Ergebnis sogar noch eindeutiger zugunsten der Einmalanlagen aus. An den besten performten Sparplänen mit kurzen Anlagedauern, also wenn sie näher an der Einmalanlage als an dauerhaftem Sparen lagen. Ein bemerkenswertes Resultat. 

Auch beim Risiko gab es überraschende Erkenntnisse. Die Standardabweichung – ein gängiges statistisches Risikomaß – erreichte bei Einmalanlagen im Schnitt 6,1 Prozent, bei Sparplänen waren es dagegen 6,84 Prozent. Demnach ist regelmäßiges Sparen riskanter als das Einmalinvestment. Die Analyseergebnisse stehen den Argumenten für das Cost-Averaging diametral entgegen. Sie scheinen auch dem „gesunden Menschenverstand“ zu widersprechen. Denn die Begründung für Cost-Averaging klingt eigentlich logisch.

Die Erklärung liegt in steigenden Kursen

Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären? Die Antwort sind steigende Kurse. Bei allen Kursschwankungen – im Zeitablauf steigen die Aktienkurse, zumindest über alle Aktien und langfristig betrachtet. Die Aktienrendite, die zu einem erheblichen Teil aus Kursgewinnen besteht, liegt im Schnitt bei etwa 8 Prozent pro Jahr. In steigenden Kursen spiegeln sich vor allem die Erwartungen der Aktionäre an eine positive Entwicklung der hinter den Aktien stehenden Unternehmen wider. Der Aufwärtstrend wird zwar immer mal wieder unterbrochen – zum Beispiel in Crash-Zeiten -, aber auf lange Sicht bestätigt er sich.

Wenn die Kurse mehr oder weniger kontinuierlich steigen, ist es besser, so früh und so viel wie möglich in Aktien zu investieren als zeitlich gestreckt und „in kleinen Häppchen“. Denn bei Einmalanlagen profitiert man von Anfang an und in vollem Umfang von steigenden Kursen. Bei Sparplänen ist das erst im Zeitablauf und nur für die sich allmählich aufbauenden Vermögensbeträge der Fall. Daher schneiden Einmalinvestments bei einer solchen Entwicklung besser ab. Anders sieht es bei Kursen aus, die um einen gleichbleibenden Wert schwanken, oder bei sinkenden Kursen. Nur: diese beiden Konstellationen sind eher untypisch.

Auf Aktiensparpläne verzichten?

Sollte man also lieber alles „auf eine Karte“ setzen, anstatt regelmäßig in Aktien zu sparen? Diese Frage scheint zwangsläufig, stellt sich aber oft nicht. Denn es steht vielfach gar kein großer Einmalbetrag zur Verfügung, der angelegt werden könnte. Vermögensaufbau oder Altersvorsorge mit Aktien gelingt für viele Anleger nur mit mehr oder weniger regelmäßigem Aktiensparen. Aktiensparpläne bieten dafür eine gute Möglichkeit, weil „Sparen mit Plan“ diszipliniert und einfach umzusetzen ist, ohne permanent Märkte beobachten zu müssen.

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