Die Parallelen zwischen der Dotcom-Blase und dem aktuellen KI-Boom unterstreichen die Bedeutung von breiter Diversifizierung bei der Vermögensverwaltung.
- US-Aktien sind so teuer bewertet wie zuletzt während der Post-Covid-Kursrallye und vor dem Platzen der Dotcom-Blase.
- Auch Anleger die ausschließlich in einen MSCI-World ETF investieren sind davon betroffen. Risiken können reduziert werden, indem sie ihr Aktien-Gewichtung global diversifizieren, also auch in Märkte investieren, die nicht überbewertet sind.
- Mithilfe von kosteneffizienten Investmentfonds können sie zusätzlich in globale Anleihen investieren und so ihr Portfolio weiter gegen Aktienvolatilität absichern.
Fortschritte in der Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI) haben an den Aktienmärkten für Aufregung und steigende Kurse gesorgt, weshalb die Bewertungen von US-Aktien inzwischen ein Niveau erreicht haben, das wir zuletzt vor dem Platzen der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende gesehen hatten. Unter Vermögensverwaltern ist die Überzeugung weit verbreitet, dass KI-Unternehmen produktiver und effizienter machen und neue Innovationen hervorbringen wird, aber stimmt das?
Eine Analyse von Vanguard Asset Management geht davon aus, dass künstliche Intelligenz in den kommenden Jahrzehnten entscheidend zum Ausgleich eines demografisch bedingten Wachstumsdefizits beitragen wird. Allerdings schätzt Vanguard die Wahrscheinlichkeit, dass altersbedingte Staatsausgaben die KI-bedingte Produktivität überwiegen, auf 30-40 %, die Wahrscheinlichkeit, dass die KI-Produktivitätssteigerungen, über die des PCs und des Internets hinaus bewirkt, dagegen auf 45-55 %.
Wer einen KI-gestützten Wachstumsschub erwartet, könnte zwar langfristig recht behalten. Doch die Parallelen zwischen der Dotcom-Blase und dem aktuellen KI-Boom sollten langfristigen Anlegerinnen und Anlegern als Warnung dienen, ihr Portfolio zu diversifizieren.
Viele Ähnlichkeiten mit der Dotcom-Blase
Bewertungen sind ein Indikator für zukünftige Aktienrenditen, was für den US-Aktienmarkt zu beachten gilt. Das nachstehende Diagramm bildet eine gängige Kennzahl für die Bewertung von US-Aktien ab: das zyklisch bereinigte Kurs-Gewinn-Verhältnis (CAPE). Um die Auswirkungen von Konjunkturzyklen zu glätten, setzt das CAPE die aktuellen Aktienkurse in Relation zu den inflationsbereinigten 10-Jahres-Gewinnen je Aktie. Im Januar 2024 lag das CAPE für US-Aktien bei über 30 und damit so hoch wie kaum jemals in den vergangenen 70 Jahren.
Die Fair-Value-Spanne für US-Aktien, in dem nachstehenden Diagramm durch den grau schattierten Bereich dargestellt, bildet eine Berechnung von Vanguard auf Grundlage verschiedener makroökonomischer Variablen ab, darunter Zinsen, Inflation und Marktvolatilität. Langfristig bewegt sich das CAPE in der Regel innerhalb oder zumindest in die Nähe der Fair-Value-Spanne. Selbst das Transformationspotenzial des Internets konnte das Platzen der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende nicht verhindern, dass die Bewertungen wieder auf ihren Fair Value drückte.
Das Risiko einer Korrektur in den Aktienpreisen stieg an, seit Bewertungen in die Höhe stiegen
Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für künftige Erträge.
Hinweise: Das von Vanguard berechnete Fair-Value-CAPE von US-Aktien beruht auf einem statistischen Modell, welches das CAPE um Zinseffekte und Inflation bereinigt. Die statistische Modellspezifizierung ist eine Vektor-Fehlerkorrektur (VEC) mit drei Variablen: Gewinnrenditen von Aktien, nachlaufende 10-Jahres-Inflation und 10-Jahres-Treasury-Renditen, geschätzt über einen Zeitraum von Dezember 1950 bis Januar 2024. Für weitere Informationen siehe As US Stock Prices Rise, the Risk-Return Trade-Off Gets Tricky aus der Vanguard Serie Global Macro Matters (2017). Sinkt das Fair-Value-CAPE, muss die Aktienrisikoprämie (ERP) steigen; steigt das Fair-Value-CAPE, sollte die Aktienrisikoprämie sinken. Quellen: Berechnungen von Vanguard auf Grundlage von Daten der Webseite vor Robert Shiller sowie dem US Bureau of Labor Statistics, dem Federal Reserve Board, Refinitiv und Global Financial Data. Daten für den Zeitraum vom 1. Januar 1950 bis zum 1. Januar 2024.
Aber Vorsicht, dass die Bewertungen aktuell so hoch sind, schließt nicht aus, dass sie kurzfristig weiter steigen, weshalb Anlegerinnen und Anleger Bewertungen nicht als Instrument für Timing-Strategien verwenden sollten. Und selbst über längere Zeiträume zeigen Bewertungen nicht immer korrekt an, wie sich eine bestimmte Anlage entwickeln wird.
Dennoch geht Vanguard davon aus, dass sich die Bewertungen am US-Aktienmarkt in den kommenden Jahren wahrscheinlich durch fallende Kurse bzw. niedrigere Renditen wieder auf ihren Fair Value zubewegen werden. Marktbewertungen neigen dazu, zum Fair Value zurückzukehren. Daran ändert das Potenzial von künstlicher Intelligenz heute ebenso wenig wie die Entstehung des Internets Ende der Neunzigerjahre.
Es gibt auch unterbewertete Märkte
Bei einer globalen Betrachtung der Aktienmarktbewertungen, siehe auch unser Blockbeitrag vom 18.03.2024 Aktien im Aufwind, Wachstum im Abseits – ist das möglich?, ergibt sich ein gemischteres Bild. Wie das nachstehende Diagramm zeigt, fallen unter den wichtigsten Aktienmärkten der Welt nur Großbritannien und die USA in die Kategorie „teuer“ – Großbritannien vor allem deshalb, weil die Fair-Value-Schätzung aufgrund der bis 2023 steigenden Zinsen gesunken ist. Die farbigen Punkte bilden unsere aktuelle Bewertung ab, die weißen Punkte die Bewertungen Ende September 2023.
Aktuell Bewertungen der Aktienmärkte gestiegen.
Insgesamt sind die Aktienbewertungen seit Ende des dritten Quartals 2023 leicht angestiegen, liegen jedoch im Euroraum und in Japan weiterhin im Fair-Value-Bereich und in den Schwellenländern weiterhin darunter. Ebenfalls erwähnenswert ist, dass britische Aktien zwar weiterhin teuer bewertet sind, aber näher an ihrem Fair Value liegen als im vergangenen Jahr. Die insgesamt attraktiveren Bewertungen außerhalb der USA sprechen derweil weiterhin für ein global diversifiziertes Aktien-Exposure.
Mit Anleihen die Aktienschwankungen reduzieren
Neben einem global diversifizierten Aktienportfolio sollten Anlegerinnen und Anleger auch über eine globale Anleihe-Gewichtung nachdenken. Anleihen wirken in der Regel als Stoßdämpfer gegen Aktienmarktvolatilität, weil sie oft im Wert steigen, wenn Aktienkurse fallen, oder zumindest weniger stark an Wert verlieren.
Und nicht nur ihre risikomindernden Eigenschaften machen globale Anleihen attraktiv, denn seit die wichtigsten Zentralbanken im Jahr 2022 einen Zinserhöhungszyklus eingeläutet haben, sind auch die langfristigen Renditeprognosen für die Anleihenmärkte deutlich gestiegen. Im Euroraum und in Großbritannien zeichnen sich Zinssenkungen ab, von denen Anlegerinnen und Anleger aufgrund der negativen Korrelation zwischen Anleihekursen und Zinsen wahrscheinlich profitieren würden.
Und was die Aktienkurse angeht: Kurseinbrüche lassen sich nicht vorhersagen; doch wir wissen, dass wir im Laufe eines Anlegerlebens mehrere Höchst- und Tiefststände erleben. Genau deshalb empfehlen wir langfristigen Anlegerinnen und Anlegern, an einer global diversifizierten Anleihen-Gewichtung festzuhalten, die ihrem Anlagehorizont und ihrer Risikotoleranz entspricht.
Diversifizierung ist das A und O in der Vermögensverwaltung
Der Versuch, die besten Aktien oder Märkte vorherzusagen und sein Portfolio von Jahr zu Jahr neu auszurichten, führt langfristig nur selten zum Erfolg in der Vermögensverwaltung. Und so sicher ein Trend auch erscheinen mag, etwa die Integration von künstlicher Intelligenz in wirtschaftliche Prozesse, sind langfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger mit einem sorgfältig diversifizierten Fonds-Portfolio ohne taktische Wetten doch am besten bedient.
Mit global diversifizierten Investmentfonds und ETFs können sie ein Welt-Portfolio aufbauen, ohne dabei exzessive Risiken einzugehen. Allerdings gilt dies nur eingeschränkt, wenn Sie auf einen einzelnen MSCI-World ETF als Aktienanlage setzen, da der Anteil von hochbewerteten US-Aktien bereits über 70 Prozent beträgt.
Die Strukturierung eines global diversifizierten Portfolios aus Aktien und Anleihen kann kostspielig sein, und Untersuchungen zeigen, dass Anlegerinnen und Anleger mit breit diversifizierten Fonds und ETFs größere Erfolgschancen haben als mit hochpreisigen Anlageprodukten, wie aktiven Fonds, Zertifikaten oder Private Equity. Daher empfehlen wir in der Vermögensverwaltung ein global diversifizierte Aktienportfolio mit Aktienprämien, wie zum Beispiel Small Cap, Value Aktien an und je nach Sicherheitsbedarf eine hohen oder niedrigen Anteil Anleihen mit guter Bonität. Das Ganze zu möglichst niedrigen Kosten und auf Basis evidenzbasierte Kapitalmarktforschung.
1 Quelle: Berechnungen von Vanguard auf Grundlage von Daten der Webseite vor Robert Shiller sowie dem US Bureau of Labor Statistics, dem Federal Reserve Board, Refinitiv und Global Financial Data. Daten für den Zeitraum vom 1. Januar 1950 bis zum 1. Januar 2024.
2 Quelle: Bloomberg. Hinweise: Analyse der monatlichen Gesamtrenditen der globalen Aktien- und Anleihenmärkte in USD für den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis zum 30. April 2023. Globale Aktien und Anleihen werden dargestellt durch den MSCI ACWI Index bzw. den Bloomberg Global Aggregate Index Value (USD Hedged). Wir definieren einen Abschwung am Aktienmarkt als einen Kursrückgang von mehr als 10% vom vorherigen Höchstwert.
3 Quelle: Morningstar und Vanguard. Eine Analyse aus dem Jahr 2010 kommt zu dem Ergebnis, dass die Kostenquote in jeder Fondskategorie der zuverlässigste Indikator für zukünftige Mehrrenditen ist (Kinnel, 2010).