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Der Nutzen von neuen Finanzprodukten

Laptop mit Chart über finanzielle Entwicklungen

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Man kennt es aus der Welt der Politik: Themen, die wie aus dem Nichts auftauchen und dann über Tage oder Wochen die Nachrichtenlage beherrschen und anschließend wieder in der Versenkung verschwinden – spätestens, wenn ein neues Thema die Schlagzeilen prägt.

So etwas gibt es auch bei Anlageempfehlungen bzw. in der Finanzberatung. Hier findet man ebenfalls häufig Themen oder Branchen, die „en vogue“ sind und ein vermeintlich besonders aussichtsreiches Investment versprechen. Einmal in der Welt, springen immer mehr „Experten“ auf den fahrenden Zug auf. Und viele Anleger folgen als willige Schafe den Leithammeln, ein typisches Herdenverhalten. Sehr oft steht am Ende großer und unrealistischer Hoffnungen bittere Enttäuschung. Dabei wird man nicht mal aus Schaden klug. Ist der nächste „Geheimtipp“ publiziert, lässt sich das Ganze wieder beobachten.

Hoffnung auf schnellen Gewinn und Überrenditen

Typische Themen, die besondere Investment-Chancen verheißen, sind Digitalisierung und Industrie 4.0, Infrastruktur und Verkehr, Kampf gegen den Klimawandel, Wasser, Lösungen für eine alternde Bevölkerung, Nanotechnologie, Künstliche Intelligenz, nachwachsende Rohstoffe, Automatisierung und Robotik. Als Branchen, die Hoffnungen sprießen lassen, kennt man zum Beispiel IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie), erneuerbare Energien, Immobilien, Freizeitwirtschaft und Gesundheit. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Die Erwartung dahinter ist stets: Geschäftsmodelle, die sich auf solche Themen beziehen bzw. in entsprechenden Branchen angesiedelt sind, versprechen überdurchschnittlichen Erfolg, weil sie bisher nicht vorhandene Lösungen für Probleme der Menschheit bieten und einen dringenden Bedarf decken. Das lässt rasantes Wachstum mit entsprechenden Kurssteigerungen und Renditen erwarten. Investoren, die darauf aufspringen, handeln letztlich spekulativ. Sie setzen auf den schnellen und hohen Gewinn bei gleichzeitiger Vernachlässigung des Risikos. Wer einen etwas längeren Atem hat, verfolgt zumindest einen aktiven Ansatz und möchte besser abschneiden als im Marktschnitt.

Produktanbieter gewinnen fast immer

Anbieter von Finanzprodukten folgen natürlich gerne diesem Bedürfnis und konstruieren entsprechende Instrumente. Für sie ist das fast immer ein gutes Geschäft. Denn Gebühren und Margen werden auch dann realisiert, wenn Erwartungen sich nicht erfüllen. Entscheidend ist der erfolgreiche Verkauf der Produkte, der sich durch entsprechendes Marketing befeuern lässt. Das verleiht einem „Run“ auf solche Finanzprodukte zusätzlichen Schub. Und so findet man für (fast) jedes trendige Thema und jede Branche auch gleich entsprechende Investment-Lösungen, wie zum Beispiel Fonds und Zertifikate.

Selbst ETF-Angebote können darauf ausgerichtet werden. Ein passender Index ist schnell konstruiert. Es gibt inzwischen eine fast unüberschaubare Vielzahl an Branchen-, Sektoren- und Themen-Indizes. Dabei stehen gerade „trendige“ ETF-Konstrukte dem Grundgedanken des passiven Investierens entgegen. Denn damit sollte eigentlich die Entwicklung eines Gesamtmarktes nachvollzogen werden. Ein Branchen- oder Themen-ETF schneidet dagegen große Teile des Marktes ab und fokussiert sich auf einen vermeintlich besonders lukrativen Ausschnitt.

Wissenschaftliche Erkenntnisse vs. typisch menschliches Verhalten

Wissenschaftlich gesehen ist eine solche Form des selektiven Investierens fragwürdig. Bei effizienten Märkten schlagen sich überdurchschnittliche Perspektiven praktisch sofort in den Kursen nieder. Überrenditen durch Informationsvorsprünge sind in einer solchen Konstellation kaum möglich – „niemand ist klüger als der Markt“. Die Ausrichtung auf bestimmte Branchen oder Themen bei Investments bedeutet vielmehr Verzicht auf Vorteile von Risikostreuung, für die der Markt keine Gegenleistung bietet. Ein Investor, der permanent auf Hypes aufspringt und entsprechend umschichtet, erreicht so letztlich eine suboptimale Position. Er schneidet auf Dauer nicht besser ab als der Markt, stattdessen geht er ein unnötiges und deshalb „wertloses“ größeres Risiko ein. Die höheren Transaktionskosten durch häufigeren Umschichtungsbedarf kommen noch hinzu.

Erfahrungsgemäß halten solche theoretischen Erkenntnisse Anleger und Finanzberater trotzdem nicht von Investments ab. Hier wirken die berühmte Börsenpsychologie und auch so urmenschliche Triebe wie das Spielbedürfnis und die Jagd nach dem Glück. Und im Einzelfall kann das Kalkül sogar mal aufgehen, was dann gerne als „Beweis“ für die Zugkraft der jeweiligen Investmentstrategie genommen wird. Immerhin kann bei Branchenfonds zugutegehalten werden, dass – anders als beim Investment in Einzelwerte – nicht ganz auf Risikostreuung verzichtet wird. Und Branchen- und Themen-ETFs können zusätzlich damit punkten, dass sie im Vergleich immer noch kostengünstig sind und – im Gegensatz zu Zertifikaten – kein Emittentenrisiko beinhalten.

Wo sich selektives Investieren tatsächlich lohnt

Ansonsten gibt es im Wesentlichen nur einen wissenschaftlich begründeten Ansatz, von der möglichst breiten Streuung über den Gesamtmarkt abzuweichen – das Fama-French-Dreifaktorenmodell. Danach lassen sich Aktienrenditen nicht nur in Abhängigkeit von der Risikoprämie des Gesamtmarktes, sondern auch von der Unternehmensgröße und vom Markt-Buchwert-Verhältnis erklären. Es kann sich daher lohnen, bevorzugt auf „kleinere“ oder „niedrig bewertete“ Aktien zu setzen, weil hier einem größeren Risiko auch eine spezifische Risikoprämie gegenübersteht.

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