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Timing des Markteinstiegs bei ETFs – Aktien – Fonds

Laptop mit Chart über finanzielle Entwicklungen

Datum

Vermögensverwalter stehen ebenso wie private Anleger häufig vor der Entscheidung, größere Summen an der Börse zu investieren. Oft geht es um Aktien-Investments. Neben der Auswahl geeigneter Werte stellt sich dabei stets die Frage, ob gerade jetzt ein guter Zeitpunkt zum Markteinstieg ist. Das gilt für professionelle Vermögensverwaltung genauso wie für private.

Hier zeigt sich vielfach ein typisches psychologisches Phänomen. Man ist geneigt, die Frage mit Nein zu beantworten. Sind die Kurse zuvor deutlich gestiegen, überwiegt die Befürchtung, den besten Zeitpunkt verpasst zu haben und „zu spät“ zu kommen. Gab es dagegen zuvor einen Kursverfall, nährt das die Angst, das Ende der Talsohle könnte nicht erreicht sein und es sei „zu früh“ zum Einstieg. In beiden Konstellationen ist man mit Abwarten erst einmal „auf der sicheren Seite“, während die Zukunft bekanntlich ungewiss ist. Doch führt das „Schielen“ auf den idealen Einstiegszeitpunkt wirklich zu besseren Ergebnissen? Zweifel sind angebracht.

Einige empirische Befunde über Einstiegszeitpunkte

Wenn man auf die realen Fakten schaut, zeigt sich die Frage des Markttimings in einem anderen Licht. Dann erweist sich nämlich, dass der „richtige Zeitpunkt“ mit der Haltedauer an Bedeutung verliert. Betrachten wir dazu zunächst fiktive Investments in den Weltaktienindex (MSCI World Index) im Zeitraum 1980 bis 2015. In dieser Zeit gab es 36 Ganzjahres-Zeiträume für Investments über 12 Monate. In neun davon hat sich der MSCI World negativ entwickelt, es wäre also zu Verlusten gekommen. In 27 Zeiträumen entwickelte sich der Index dagegen positiv. Das Risiko eines Verlustes bei einem „zufälligen“ Einstieg hätte also bei einem Viertel gelegen. Geht man dagegen von Investments über 13 Jahre aus, standen zwischen 1980 und 2015 24 unterschiedliche 13-Jahres-Zeiträume zur Auswahl. Davon wies lediglich einer eine negative MSCI World-Entwicklung auf. Das Risiko des zufälligen „verlustreichen“ Einstiegs hätte also 4,2 Prozent betragen.

Ein ähnliches Bild zeigt sich, wenn wir Zahlen des Deutschen Aktieninstituts zu den DAX-Renditen zugrunde legen. Hier wollen wir beispielhaft Renditen für unterschiedliche 20-Jahre-Investments betrachten, die in der Zeitspanne 1968 bis 1998 (jeweils zu Jahresbeginn) starteten und in der Zeitspanne 1998 bis 2018 (jeweils zum Jahresschluss) endeten. Es gibt dabei insgesamt 30 verschiedene 20-Jahres-Zeiträume. Bei diesen trat kein einziges Mal eine negative DAX-Rendite auf. Das Verlustrisiko betrug also unabhängig vom Einstiegszeitpunkt Null. In drei Fällen (10 Prozent) lag die Rendite unter 7 Prozent, in 11 Fällen (einem guten Drittel) unter 8 Prozent, in acht Fällen (ca. 27 Prozent) wäre eine Rendite über zehn Prozent erzielt worden. Positiv ausgedrückt hätte also bei einem beliebigen Einstiegszeitpunkt mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit eine Rendite von mindestens 7 Prozent erreicht werden können und mit immer noch fast Zwei Drittel-Wahrscheinlichkeit mindestens 8 Prozent Rendite.

Vermögensverwaltung – wer kennt den Zeitpunkt?

Das Beispiel zeigt allerdings auch, dass der Einstiegszeitpunkt nicht irrelevant ist. Bei den genannten 20-Jahres-Zeiträumen bewegte sich die durchschnittliche jährliche DAX-Rendite in einer Bandbreite von 4,4 Prozent bis 14,0 Prozent. Mit zunehmenden Haltedauern wird dieses Band kleiner. Gehen wir wieder von den Zahlen des deutschen Aktieninstituts für 1968 bis 2018 aus, reduziert sich die Bandbreite bei 25-Jahres-Zeiträumen auf 5,4 Prozent bis 13,2 Prozent und bei 30-Jahres-Zeiträumen auf 6,8 Prozent bis 10,3 Prozent. Legt man dagegen Ein-Jahreszeiträume zugrunde, liegt die Bandbreite zwischen -43,9 Prozent und +84,1 Prozent.

Wer also den „richtigen“ Zeitpunkt kennt, kann mit Markttiming doch Überrenditen erzielen und Verluste vermeiden – und zwar umso eher, je mehr nur „auf kurze Sicht“ investiert wird. Das setzt allerdings voraus, dass der Vermögensverwalter oder Anleger in der Lage ist, sich ein zutreffendes Bild vom besten Zeitpunkt zu machen, ehe das andere Marktteilnehmer tun. Denn sonst würde der Vorteil des Informationsvorsprungs durch den Marktmechanismus sofort nivelliert. Ob das möglich ist, darum tobt unter Wissenschaftlern, die sich mit Finanztheorie befassen, seit Langem ein Streit. Vertreter der sogenannten Effizienzmarktheorie bestreiten generell die Möglichkeit dauerhafter Informationsvorteile. Wenn ein Vermögensverwalter oder Anleger trotzdem einmal den günstigsten Zeitpunkt „erwischt“, landet er danach einen Zufallstreffer ohne Nachhaltigkeit. Der Versuch, gezielt Markttiming zu betreiben, wäre demnach müßig.

Was wirklich zählt

Untersuchungen über die Performance von Fondsmanagern bei aktiv gemanagten Fonds – also bei professioneller Vermögensverwaltung – scheinen dies zu bestätigen. Danach gelingt es überhaupt nur 15 Prozent der Fondsmanager, besser abzuschneiden als der Markt, weil sie beim Ein- und Ausstieg einen guten Zeitpunkt finden. Ob das der Expertise oder dem Zufall geschuldet ist – wer kann das sicher sagen?

In seinem viel beachteten Beitrag „Likely Gains from Market Timing“ kam der Wirtschafts-Nobelpreisträger William F. Sharpe schon 1975 zu dem Ergebnis, dass Anleger, die nicht mit mindestens 70prozentiger Sicherheit sagen können, ob es eine gute oder schlechte Zeit zum Investieren ist, kein Markttiming betreiben sollten. Denn die Wahrscheinlichkeit ist groß, dann den besten Zeitpunkt zu verpassen. Und jeder verpasste Tag kostet Rendite. Das Fazit für Vermögensverwaltung lautet daher: nicht der richtige Zeitpunkt zählt, sondern die Dauer des Investments. Mit einer Buy and Hold-Strategie mit Indexfonds oder ETFs erzielt man in den meisten Fällen das beste Resultat, ob als Vermögensverwalter oder Privatanleger.

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