Das Bundesfinanzministerium beschäftigt sich aktuell mit der Frage, was passieren soll, wenn Versicherungsunternehmen auf eine Pleite zusteuern. Zwar gibt es hierfür seit Jahren gesetzliche Vorgaben. Diese werden nun aber präzisiert.
Ausgelöst durch eine aktuelle Anfrage an die Bundesregierung, öffnet sich ein weiterer sorgenvoller Blick in die Befindlichkeit des Lebensversicherungswesens. Betrachtet man die Situation und deren Hintergründe, wird klar, warum eine Investition in Lebensversicherungen keine empfehlenswerte Entscheidung ist.
Die Opposition stellte kürzlich eine Anfrage an die Bundesregierung mit dem Titel „Private Altersvorsorge unter Druck – Lebensversicherungen und Protektor* im Zeitalter dauerhafter Niedrigzinsen“.
Sie verwies dabei auf eine Analyse des Bundes der Versicherten e. V. (BdV) und der Zielke Research Consult GmbH, in der es um die Einsatzfähigkeit von Protektor geht ‒ auch für den Fall einer stark eingeschränkten Zahlungsfähigkeit mehrerer mittelgroßer Lebensversicherer. Eine Frage, die nach dem neuen Insolvenzschutz für Pensionskassen-Zusagen für die betriebliche Altersvorsorge (bAV) durchaus relevant ist.
Die Bundesregierung gibt in ihrer Antwort bekannt, dass derzeit ca. 20 Lebensversicherer unter intensivierter BaFin**-Aufsicht stünden. Außerdem verweist sie in ihrer Antwort auch auf die noch bis 2021 andauernden Überprüfungen. Bei Pensionskassen beträgt diese Anzahl derzeit 36.
Sowohl Lebensversicherungen (LVU) als auch Pensionskassen werden der intensivierten Aufsicht unterworfen, sofern sie der jährlichen Prognoserechnung zufolge mittel- bis langfristig finanzielle Schwierigkeiten haben könnten. Dann müssen diese der BaFin Berichte zur mittel- und langfristigen wirtschaftlichen Entwicklung vorlegen sowie im Detail verdeutlichen, ob und, wenn ja, wie die Maßnahmen zur Finanzierbarkeit der eingegangenen Verpflichtungen wie z. B. der Rechnungszins (Garantiezins) oder Rentenzahlungen wirken.
Antwort der Bundesregierung
In der Frage nach den Möglichkeiten von Protektor im Falle kriselnder Unternehmen gibt die Bundesregierung die Höhe des Sicherungsvermögens bekannt, das durch jährliche Beiträge ihrer Mitgliedsunternehmen aufgebaut wird. Es sei das Soll von einem Promille der versicherungstechnischen Nettorückstellungen der Mitglieder vorhanden, das gegenwärtig ca. 1,038 Mrd. Euro beträgt. Weiter betont die Bundesregierung die ergänzende Selbstverpflichtung der deutschen Lebensversicherungsbranche, im Zweifel weitere Finanzmittel bereitzustellen. Dadurch erhöhe sich „die Leistungsfähigkeit von Protektor auf insgesamt rund 10,4 Mrd. Euro“.
Dennoch sieht die Regierung offenbar Handlungsbedarf und plant punktuelle Präzisierungen bei Protektor, um auf einen klar strukturierten, verfahrenssicheren Prozess im Sicherungsfall zugreifen zu können.
Dieses Vorgehen kritisiert der Bund der Versicherten e. V. jedoch massiv, denn das Bundesministerium für Finanzen (BMF) habe den Gesetzentwurf ohne Beteiligung von Verbraucherverbänden vorgelegt. Sowohl der Gesetzgebungsprozess als auch wichtige Regelungen seien intransparent, bemängelt BdV-Chef Axel Kleinlein: „Der Sicherungsfonds für die Bestände von Pleiteversicherungen soll eine Blackbox werden.“ ‒ „Das BMF bereitet sich augenscheinlich auf die Pleite mehrerer Lebensversicherer vor.“
Kleinlein befürchtet, „dass sich die Versicherer zügig aus der freiwilligen Selbstverpflichtung verabschieden und dann Steuerzahler die Milliardenlücke schließen sollen.“
22 Lebensversicherer sieht Axel Kleinlein in Deutschland bereits als angezählt und bemängelt, dass die betroffenen Versicherten keinen Einblick bekämen, wie erfolgreich der für sie einschlägige Bestand von Protektor geführt werde.
Versicherten entgehen Leistungen
Weiterhin ermögliche das Gesetz flächendeckende Kürzungen für Versicherte, wohingegen die Versicherer nur über die freiwillige Selbstverpflichtung in die Finanzierung des Fonds einbezogen würden: „Versicherte werden bluten, die Unternehmen sollen aber nur nach Gutdünken freiwillig zahlen oder nicht“, fasst Kleinlein zusammen.
Die Versicherten stopfen die in der Vergangenheit entstandenen Löcher und mussten schon auf etwa 75 Mrd. Euro an Überschussleistungen verzichten. Etwa 25 Mrd. Euro an weiteren Überschüssen würden den Kunden vorenthalten – für weitere Rücklagen.
„100 Milliarden sind genug ‒ jetzt sollten endlich die Aktionäre und die Branche zur Kasse gebeten werden“, so Kleinleins Fazit, denn im Falle einer Unterfinanzierung des Sicherungsfonds befürchtet Kleinlein, dass wieder nur der Ruf nach staatlicher Unterstützung komme: „Wenn es eng wird, dann wollen die Lebensversicherer stets an die Taschen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und weigern sich, selbst finanzielle Verantwortung zu übernehmen.“
Fazit
Lebens- und Rentenversicherungen waren schon immer keine empfehlenswerte Altersvorsorge oder Geldanlage. Vielen Versicherten ist nicht bekannt, dass unter Umständen auch garantierte Rentenzahlungen oder Kapitalleistungen reduziert werden können. Dies könnte insbesondere Arbeitgeber aufhorchen lassen, da sie im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung für die garantierten Rentenzahlungen haften und bei einer Schieflage für den Schaden aufkommen müssen.
* Die Protektor Lebensversicherungs-AG ist eine Sicherungseinrichtung für Lebensversicherungsunternehmen in Deutschland. Ziel ist es, angesparte Vermögen der Versicherten vor den Folgen der Insolvenz eines Lebensversicherers zu schützen.
** Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Sie untersteht der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen. Die BaFin beaufsichtigt und kontrolliert als Finanzmarktaufsichtsbehörde im Rahmen der Finanzaufsicht alle Bereiche des Finanzwesens in Deutschland.