Logo Eller Consulting Finanzberatung & Vermögensverwaltung

Glaubensirrtümer der betrieblichen Altersversorgung

Datum

Glaubensirrtümer der betrieblichen Altersversorgung  – 
warum die Versicherungslösungen hier nur zweite Wahl sind und der Arbeitgeber sich begründet Sorgen machen darf!

Häufig kennen Unternehmer nur die Möglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung (bAV) über versicherungsförmige Lösungen. Unbekannt bleibt allerdings, dass der Gesetzgeber mit dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG) weitaus attraktivere Gestaltungsformen der betrieblichen Altersversorgung ermöglicht, die in der heutigen (einseitigen) Beratung nicht erwähnt werden. Darüber hinaus bietet die versicherungsförmige Gestaltung einige Baustellen, die leider ausschließlich zu Ungunsten des Arbeitgebers ausfallen. Mit diesem Grundlagenartikel möchten wir aufklären und die weit verbreiteten Glaubensirrtümer erkennbar machen.
Nach dem Betriebsrentengesetz ist unter einer betrieblichen Altersversorgung das Versprechen eines Arbeitgebers auf besondere Leistungen an seine Mitarbeiter zu verstehen. An dieser Stelle ist übrigens noch nichts von Versicherungen zu lesen, die im strengen Verständnis der Altersversorgung irrelevant sind: Wenn es um den Aufbau von Vorsorgevermögen geht, verbietet sich ein Lebensversicherungsvertrag allein schon deshalb, weil kein ernsthaftes versicherungstechnisches Risiko vorliegt, bei dem der Kollektivgedanken des Versicherungsprinzips helfen könnte. Wie es kaufmännisch motiviert, flexibel und attraktiv funktioniert und worauf der Arbeitgeber zu achten hat, führen wir im Folgenden vertiefter aus.
Die meisten Unternehmen bevorzugen aktuell die Direktversicherung, gefolgt von der Pensionskasse. Beide Gestaltungsformen gelten als attraktiv wegen vermeintlich geringer Verwaltung, Vermeidung von Bilanzberührung, der sog. Portabilität der erreichten Anwartschaft bei Ausscheiden. Genau so erzählen es die leider die Vermittler. Dass der Arbeitgeber sich doch mehr mit dem Thema der Gestaltung beschäftigen sollte und dass alle drei Argumente ausgemachter und einseitiger Unfug sind und mit dem eigentlichen Kern der betrieblichen Altersversorgung nur wenig zu tun haben, erläutern wir jetzt.

Grundsätzliche Überlegungen – Was ist eigentlich Altersvorsorge?

Das Leben kann grob in zwei Phasen geteilt werden: die erste Phase als sog. „Aktivenzeit“ vor dem eigentlichen Rentenbeginn, die zweite Phase mit dem Eintritt in das Rentenalter. In der ersten Phase muss „für später vorgesorgt“ werden. Das geschieht üblicherweise über (kapitalbildende) Lebensversicherungsverträge. Streng genommen haben die hier allerdings nichts zu suchen, denn wir sprechen von einem Sparvorgang. Die Banken oder Vermögensverwalter wären die richtigen Partner, versagen im heutigen Verständnis allerdings auf voller Länge – sie verteiben lieber Versicherungsprodukte der angebundenen Versicherer. Peinlich!

Vom falschen und fehlenden Wissen

Versicherungen haben zunächst also nichts mit der Altersvorsorge zu tun – zumindest wenn der reine Sparvorgang fokussiert wird. Sie wären die richtigen Instrumente ab dem Rentenbeginn. Allerdings stellen wir heute fast ausschließlich intransparente und kostenträchtige Produkte fest. Als Rentenversicherung zur Absicherung des Langlebigkeitsrisikos können diese Produkte auch aus aktuarischer Warte heraus kaum empfohlen werden. Sie sind überdiese nicht erste Wahl, denn bAV geht grundsätzlich ganz anders!

Zunächst: Das arbeitsrechtliche Versprechen definieren und Arbeitsrecht beachten

Im Betriebsrentengesetz wird alles zur betrieblichen Altersversorgung geregelt. Sie ist ein Versprechen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer auf definierte Leistungen ist. Bei Eintritt in das Rentenalter, bei Invalidität oder Tod wird eine vereinbarte „Leistung“ geleistet. Dabei sieht das Gesetz weder eine lebenslange Rente vor, noch wird etwas von Geldzahlungen verlangt. Der Arbeitgeber trifft also eine rein arbeitsrechtliche Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer und verspricht diesem bestimmt definierte Leistungen (zum Beispiel „Kartoffeln“ statt Geld – eine Zusageform, die sicherlich in wenigen Dekaden vielleicht wirklich wieder interessant werden könnte). Eine Versicherung kommt übrigens bis hierhin nicht zur Sprache. Wir befinden uns hier rein auf der arbeitsrechtlichen Ebene – das Versprechen sollte daher als Nachtrag zum Dienst-/Arbeitsvertrag schriftlich, eindeutig und unmissverständlich festgehalten werden.
In einer zweiten Entscheidung muss Arbeitgeber nun überlegen, wie er sein Versprechen einhalten kann. Er kann die Finanzierung seines Vorhabens (bspw. wenn es sich um Geldleistungen handelt) selbst regeln – man spricht dann von der sog. unmittelbaren Durchführung („Pensionszusage“). Er kann sich aber auch einen externen Dienstleister suchen – in der Regel wird das eine Versicherung sein, die sich hier auch als vermeintlich einziger Partner in den Vordergrund drängt. Auch eine sog. Pensionskasse, ein Pensionsfonds oder eine Unterstützungskasse kommen infrage – üblicherweise von einem Versicherer betrieben. Der Arbeitgeber schließt dabei einen Vertrag mit dem Versicherungsunternehmen – er wird damit Versicherungsnehmer und explizit nicht der versorgungsberechtigte Mitarbeiter. Es ist also des Arbeitgebers Vertrag zur „Finanzierung“ des arbeitsrechtlichen Leistungsversprechens. Dem Mitarbeiter kann dieser Vertrag ziemlich egal sein.

Der Arbeitgeber haftet!

Die Sachlage stellt sich allerdings nun viel brisanter dar. Leider hat das der Versicherungsvermittler – der hier als vermeintlicher Altersversorgungsberater hinzugezogen wurden – wohl nicht richtig verstanden: Für das arbeitsrechtliche Versprechen steht gemäß BetrAVG (siehe § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG) ausschließlich der Arbeitgeber ein. Fällt also die Versicherung als Finanzierungspartner aus, so füllt der Arbeitgeber auf. Mit Verweis auf die ernsthaft sorgenvolle Lage der deutschen Versicherungswirtschaft im aktuellen Niedrigzinsumfeld, sollte diese Situation bedenklich stimmen. Um die Baustelle hier auf den Punkt zu bringen: Nehmen wir an, der Versicherungsvertrag verspreche eine Kapitalzahlung (also eine Einmalzahlung) zum Renteneintritt in Höhe von 137.000 EUR garantiert sowie 211.000 EUR mit Überschüssen auf Basis der aktuellen Rechnungsgrundlagen. Neben dem Versicherungsvertrag wurde überdies wie üblich nichts weiter schriftlich geregelt – schon gar nichts arbeitsrechtlich. Damit bleibt die Frage zu stellen, welche (Versicherungs-) Leistung der Arbeitgeber nun wirklich dem Arbeitnehmer (arbeitsrechtlich) versprochen hat. Genau das bleibt unklar und in allen Streitigkeiten werden dieserart unklare Regelungen immer zu Lasten des Arbeitgebers ausgelegt – gehen Sie also ruhig im Sinne des vorsichtigen Kaufmanns von der prognostizierten hohen und nicht realistisch durch den heutigen Vertrag erreichbaren Leistung aus (und bilden schon einmal zusätzliche Rückstellungen). 
Dieses Wissen ist leider jetzt nur wenig bekannt, es wird aber akut werden, sobald wir in Kürze wirklich Versicherer wirtschaftlich straucheln sehen. Eine professionelle Begleitung durch nicht-produktgetriebene echte Berater bleibt daher unerlässlich – suchen Sie also den richtigen, echten Berater.

Ganz klare Bilanzberührung bei versicherungsförmiger bAV

Reicht also ein Versicherungsvertrag aus? Diese Frage muss ganz klar mit einem „Nein“ beantwortet werden. Ein Versicherungsvertrag reicht nicht aus, um die betriebliche Altersversorgung in Gänze darzustellen – er ist lediglich das Finanzierungsinstrument (das ausfallen könnte und in diesem Fall keinen Schaden an der eigentlichen Altersversorgung anrichten darf). Wichtiger ist zunächst die Festlegung, wie das arbeitsrechtliche Versprechen gestaltet wurde. Leider zeigt sich in der Realität, dass dieses Versprechen oftmals gar nicht vorliegt. Die Probleme, die dadurch entstehen, treffen allein den Arbeitgeber, denn er sieht sich in der Situation, dass er nachfinanzieren muss. 
In diesem Fall besteht übrigens ein Fehlbetrag, d. h. eine Differenz zwischen dem aktuellen Wert des arbeitsrechtlichen Versprechens und dem eigentlichen Vermögenswert (als Wert des Versicherungsvertrages). Für die Handelsbilanz muss nun im Fall eines Fehlbetrages entweder freiwillig eine Pensionsrückstellung für die versicherungsförmige Gestaltung gebildet werden oder aber der Fehlbetrag ist im Anhang der Bilanz auszuweisen. Genau diese Prüfung auf eine Unterdeckung findet flächendeckend in Deutschland nicht statt – viele Bilanzen dürften daher nur ein geschöntes Bild der Vermögenssituation des Unternehmens darstellen – ein Sachverhalt der im Sinne des Gläubigerschutzes den Sachverhalt der Bilanzfälschung erfüllt oder zumindest eine Bilanzverzerrung darstellt. Wer also bisher „bAV ohne Bilanzberührung“ als Slogan wichtig empfand, darf nunmehr schnellstmöglich umdenken. Versicherungsförmige Lösungen gehören damit zum Bilanzstichtag einer aktuarischen Prüfung auf eine mögliche Unterdeckung hin unterzogen – ein Sachverhalt, auf den Ihr Steuerberater und Wirtschaftsprüfer hinweisen sollte. 
Versicherungen hinterfragen 
Wichtig ist also, dass eine Versicherung als Finanzierungsinstrument immer kritisch hinterfragt werden sollte: Taugen sie produktseitig, sollen oder können die Arbeitnehmer wirklich alle 120 Jahre alt werden, entspricht die versicherte Leistung identisch der zugesagten Leistung, wurden Tarife mit Beitragsreduktion aus Überschüssen eingesetzt usw. Überdies fließen mit den versicherungsförmigen Lösungen jeden Monat hohe liquide Mittel in
Form von Beitragszahlungen an die Versicherungswirtschaft ab – das dazu in aktuarisch kritisch zu sehenden Produkte bei nur mäßigem Kosteneinblick.

Portabilität – ein missverstandenes Konstrukt

Bei Ausschieden des Mitarbeiters regelt der Versicherungsvertrag (nicht das Arbeitsrecht), dass die Versicherungsnehmereigenschaft auf den ausscheidenden Mitarbeiter übergeht. Dieser Sachverhalt wird sogar positiv suggerierend als „Portabilität“ verkauft: der Mitarbeiter geht, der Arbeitgeber gibt den Vertrag mit und ist vermeintlich alle Sorgen los. Genau das ist nicht der Fall: Der Mitarbeiter geht, nimmt den Versicherungsvertrag als reines Finanzierungsinstrument mit, aber arbeitsrechtlich wird nichts geregelt. Damit verbleibt bei allen Arbeitgeber für jeden portierten Mitarbeitervertrag für den Mitarbeiter ein Resthaftungsanspruch gegenüber dem Altarbeitgeber, der spätestens zum Rentenbeginn eingeklagt werden könnten – mit guten Chancen auf Erfolg (es war ja Arbeitsrecht). Richtig geregelt wird die „Mitgabe“ im § 4 BetrAVG mit allen Regelungen zur sog. Übertragung. Leider sieht die Praxis genau ganz anders aus – und es bleibt unverständlich, warum noch keiner darauf hingewiesen hat.

Wie geht es nun richtig – schimpfen allein genügt nicht!

Gefördert sollte im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung die Entgeltumwandlung der Mitarbeiter, denn die wird ja gerade nach der Altersvermögensreform seit 2002 massiv steuerlich und SV-rechtlich befördert. Im Unterschied zur jetzigen Gestaltung werden im Sinne eines „betrieblichen Sparbuchs“ alle Versorgungsbeiträge dorthinein eingezahlt und verzinsen sich nach einem Garantiezinsversprechend es Arbeitgebers. Die Durchführung gilt damit als „unmittelbar“ (Pensionszusage). Wegen der Gestaltung als sog. „echte“ beitragsorientierte Leistungszusage ergibt sich die Endleistung zum Rentenbeginn jeweils erst durch die Verzinsung über die bisherigen Bausteine. Zukünftige Beiträge werden im Sinne des vorsichtigen Kaufmanns nicht als Rückstellung eingebucht und gehen ebenfalls nicht in die Leistungsermittlung.
Für das Vorsorgevermögen wird nunmehr ein passender Anlageprofi hinzugezogen, der sich permanent um das Vermögen kümmert und der jederzeit flexibel in der Anlage reagieren kann. Übrigens erlauben diese Altersversorgungsgedanken ganz andere „Risikostrukturen der Anlagen“ auf Grund der langen Laufzeit. Damit lassen sich weitaus attraktive Renditen bei ausreichender Sicherheit erwirtschaften.
Auf diese Weise entstehen die unverrückbaren Vorteile dieser Form der Gestaltung der betrieblichen Altersversorgung: die Liquidität verbleibt im Betrieb, das Managing der Vermögensverwaltung wird flexibel bespielt, Überträge der Anlage gehören dem Unternehmen und lassen so ggf. unterfinanzierte Versorgungszusagen der Geschäftsführung finanzieren. Neben Liquidität verbessert sich auch die Eigenkapitalquote und damit das Rating/die Bonität gegenüber der Bank. Jederzeit kann ein Extrabonus durch die Geschäftsführung zugesagt werden. Die Lohnsteuer wird unlimitiert in voller Höhe eingespart, die Leistungen sind vollständig insolvenzgeschützt und um ein Vielfaches attraktiver als bei den Versicherungsverträgen (bei denen die Mitarbeiter sogar selbständig die Kosten tragen). Überstunden, Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld könnten auf diese Weise statt in teurer Gehaltsauszahlung (etwas weniger als die Hälfte geht in Form von Lohnsteuer und SV-Beitrag ab) nunmehr lohnsteuerfrei auf einem Formenkonto „geparkt“ werden. Diese Form der betrieblichen Altersversorgung stellt sich damit als geeignetes personalwirtschaftliches Instrument zur Mitarbeiterbindung- und Gewinnung bzw. zur Mitarbeitermotivation dar. Auf jedem Fall werden die Mitarbeiter auf diese einfache Weise mit an den Erfolg des Unternehmens gebunden.

Zusammenfassung

Betriebliche Altersversorgung geht anders! Zeit für Veränderungen! Altersvorsorge ohne Verlierer. Der Einsatz von Versicherungsverträgen sollte grundsätzlich kritisch hinterfragt und üblicherweise vermieden werden: sie gelten produktseitig als unattraktiv, intransparent und deren in Aussicht gestellte Leistungen werden zukünftig wohl nur schwer erwirtschaftet werden können. Die Pensionszusage wird kurzfristig eine Renaissance erleben und im Sinne des „betrieblichen Geldanlage“ daher bei solchen Ausfinanzierung niemals zu einem Verlust in der Bilanz führen können. Jeden Tag kann flexibel die Entgeltumwandlung angepasst werden, Insolvenzschutz und attraktive Leistung, Liquidität und Mitarbeiterbindung sind wesentliche, weitere Argumente. Argumente, die bei Unternehmen aber allgemein zählen.

Weitere
Beiträge