Mit dem vorliegenden BMF-Schreiben sind die Regelungen in R 6a Absatz 8 EStR zum Mindestpensionsalter für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mehr anzuwenden. Vielmehr ist auch in diesen Fällen grundsätzlich auf die vertraglich vorgesehene Altersgrenze abzustellen.
Das sog. „Zweite Wahlrecht“ (Abstellen auf den Zeitpunkt der frühestmöglichen Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung) kann für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer nicht in Anspruch genommen werden.
Wurde aufgrund der EStR-Regelungen zum Mindestpensionsalter das vertragliche Endalter bisher nicht berücksichtigt, darf auch weiter von einem späteren Pensionseintritt ausgegangen werden, sofern mit einer Beschäftigung des Berechtigten bis zu diesem Alter gerechnet werden kann (sog. „Erstes Wahlrecht“). Dabei handelt es sich um ein einmaliges Wahlrecht, das spätestens in der Bilanz des Wirtschaftsjahres auszuüben ist, das nach dem 9. Dezember 2016 beginnt. Bei einer „zu niedrigen“ vertraglichen Altersgrenze, wird die Zuführung zur Pensionsrückstellung in voller Höhe oder teilweise als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) gewertet:
• Bei Neuzusagen nach dem 9. Dezember 2016 liegt bei einer vertraglichen Altersgrenze von weniger als 62 Jahren eine vGA in voller Höhe der Zuführung vor; bei einer vertraglichen Altersgrenze von weniger als 67 Jahren liegt eine vGA in Höhe eines Teils der Zuführung vor (insoweit die Rückstellung nicht auf das 67. Lebensjahr berechnet wurde). Bei Geschäftsführern mit Behinderung wird für die Beurteilung des Vorliegens einer vGA statt auf 67 auf 62 Jahre abgestellt.
• Bei zum 9. Dezember 2016 bereits bestehenden Zusagen liegen die entsprechenden Mindestaltersgrenzen bei 60 (ansonsten vGA in voller Höhe) bzw. 65 Jahren (vGA, insoweit nicht auf Alter 65 berechnet wird). Dies geht über das BFH-Urteil vom 11. September 2013 hinaus, welches diesbezüglich keine Äußerung enthielt. Bei Geschäftsführern mit Behinderung wird nicht beanstandet, wenn eine vertragliche Altersgrenze von mindestens 60 Jahren zugrunde gelegt wird.
• Steuerpflichtige haben allerdings die Möglichkeit, die Fremdüblichkeit eines niedrigeren Pensionsalters darzulegen. Ob eine vGA vorliegt, ist auf Grundlage der Verhältnisse bei Zusageerteilung zu beurteilen, d.h. bei einem Statuswechsel vom nicht beherrschenden zum beherrschenden Geschäftsführer ist die Beibehaltung des vereinbarten Pensionsalters unschädlich, soweit keine Anhaltspunkte für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis wie z.B. zeitliche Nähe von Erteilung der Zusage und Statuswechsel hinzukommen.
Bedeutung für die Praxis:
Bestehende Zusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer mit fester Altersgrenze 65 oder älter sind nicht zu beanstanden und dürfen mit dem vereinbarten vertraglichen Endalter bewertet werden; wurde bisher – trotz anderslautender Schriftform – aufgrund der EStR ein höheres Endalter als 65 für die ertragsteuerliche Bewertung berücksichtigt, besteht bereits zum 31. Dezember 2016 das (einmalige) Wahlrecht, entweder auf die vertragliche Altersgrenze zurück zu wechseln oder bei dem höheren Endalter zu verbleiben (sofern mit einer Weiterbeschäftigung bis zu diesem Alter zu rechnen ist). Betroffene Unternehmen sollten daher kurzfristig die steuerrechtlichen Auswirkungen beider Handlungsoptionen prüfen.